Die Konzeptualisierung von 'Nutztieren', also wirtschaftlich be-/genutzten Tieren, wird nicht nur durch Sprache, sondern auch durch Institutionen, Politik und die Gesetzgebung legitimiert. Indem Tiere rechtlich als Eigentum gelten, kommen wir an den Punkt, mit ihnen zu verfahren wie mit Dingen (vgl. §90a). Im wahrsten Sinne des Wortes werden sie zu 'Nutztieren' – also zu be-/genutzten Tieren – gemacht (vgl. Joy 2014:133-134). Sowohl der rechtliche als auch der institutionelle Rahmen ist auf den Menschen zurückzuführen und dadurch veränderbar. In Bezug auf Sprache müssen wir lernen aus gewohnheitsmäßigen Konventionen herauszutreten, um einerseits alte Denkweisen und Stereotype abzubauen und andererseits – mit Hilfe einer tiersensiblen Sprache – neuen Werten Einzug in unser Denken und Handeln zu ermöglichen
(vgl. Münch/Ebert 2018:2).
“Wir müssen der gewohnheitsmäßigen Sprache misstrauen, um das Problem hinter dem Problem fassen zu können” (Münch/Ebert 2018:3).
Zusätzlich zu Sprache findet Repräsentation auch im bildlichen Kontext statt. Bilder evozieren eine Vorstellung von Wirklichkeit und lassen uns im Glauben, dass sie die Realität abbilden. Darüber hinaus gibt es eine Diskrepanz zwischen dem Vorkommen an positiv besetzten Bildern, bei gleichzeitigem Fehlen der Darstellung der realen Lebenssituation tierlicher Individuen (vgl. Messaris/Abraham 2003:217 f.). Was wir gewohnt sind zu sehen, ist in Wahrheit reine Schönfärberei. Es bedarf einer zusätzlichen kognitiven Leistung, um trotz der Masse an geschönten Bildern, die wahrhaftige Lebensrealität von tierlichen Lebewesen in der Tiernutzungsindustrie nicht zu verdrängen. Denn die kognitive Verknüpfung von Zeichensystemen der Werbung und dem "appetitlich" servierten 'Fleisch' - dem Leichenteil eines Lebewesens - mit der dahinter agierenden Industrie in Verbindung zu bringen, leisten nur die Wenigsten (vgl. Hagendorff 2021:90).
Lieben oder Essen?
Wir essen Schweine, während wir Hunde als Familienmitglied betrachten. Doch was führt zu diesen unterschiedlichen Einstellungen zu nichtmenschlichen Tieren? Ein Glaubenssystem, welches unsichtbar hinter unserem Verhalten wirkt: Karnismus. Karnismus ist eine Ideologie, die Unterdrückung und Ausbeutung unsichtbar macht - ein "Glaubenssystem, das uns darauf konditioniert, bestimmte Tiere zu essen." (Joy 2014:32). Diese Unsichtbarkeit macht die Aufhebung von ideologischem Unrecht so schwierig. Soziale Denk- und Handlungsweisen sind fest etabliert und erscheinen uns normal statt konstruiert. Das primäre Ziel dieser Website ist es daher genau diese karnistischen Denk- und Handlungsweisen, die sich in den Systemen Wissenschaften (Agrarökonomie), Lobbyismus und Wirtschaft und den Medien manifestieren, zu analysieren und zu dekonstruieren. Untersucht wird dabei wie Sprache und (mediale) Bilder wirtschaftlich be-/genutzte Tiere in diesen Systemen konzeptualisieren. Dabei kommen gewisse Normalisierungs-, Rationalisierungs- und Distanzierungsstrategien zum Vorschein, derer wir uns kaum bewusst sind. Diese Strategien bzw. Mechanismen führen dazu, dass wir Tiere objektifizieren, deren Ausbeutung legitimieren und Tötung und Verzehr dieser Lebewesen zu Genusszwecken des Menschen akzeptieren. Folgende, kaum sichtbare, sprachlichen Normalisierungs-, Rationalisierungs- und Distanzierungsstrategien wirken auf unser Denken und Handeln in Bezug auf nichtmenschliche Tiere (vgl. Mahlke 2013:35 ff., Joy 2014:133 ff.):
Abwertung/Verdinglichung: Das nichtmenschliche Tier als Minderwertiges Objekt
Entindividualisierung: Das Nichtmenschliche Tier als abstrakte Masse ohne eigene Abneigungen und Präferenzen
Instrumentalisierung: Die Bewertung des Nichtmenschlichen Tieres über seine Nutzbarmachung
Beschönigung: Die Verschleierung leidvoller Lebensumstände gegenüber nichtmenschlichen Tieren