INDUSTRIE & LOBBY

 

Speziesismus in der Agrarindustriellen Interessenvertretung

Illustration: Jalal Maghout

Illustration: Jalal Maghout

Die Funktion von Lobbyismus liegt idealerweise in einer Art der Aufklärung der politischen Entscheidungsträger:innen über gesellschaftliche Interessen. 
Der Begriff taucht im englischen Sprachgebrauch bereits im Jahr 1830 im Kontext der Lokalpolitik von Ohio auf. Konkret ging es dabei um das Aufeinandertreffen von Volksvertretern mit wohlhabenden Industriellen in einer öffentlichen Wandelhalle zwischen Plenarsaal und Arbeitsräumen (vgl. Schwaneck 2018:19, NPR 2006:o.S.).
Heute werden neben der Einflussausübung im persönlichen Zusammentreffen, weitere Formen der Lobbyarbeit praktiziert. Spezialisierte Agenturen bieten unter den Begriffen "Public Affairs" oder "Public Relations" Dienstleistungen an, die legislative und/oder exekutive Organe, Behörden sowie Medien und Öffentlichkeit zu beeinflussen suchen. Darüber hinaus werden Journalist:innen, und Wissenschaftler:innen adressiert, um – insbesondere im Hinblick auf umstrittene Interessen – fachliche und gesellschaftliche Kritik gering zu halten. Letzteres wird auch als „Deep Lobbying“ bezeichnet und kann politisch motivierte Imagepflege, Meinungsmache oder das Betreiben von neutral anmutenden Think Tanks umfassen (vgl. Deckwirth et al. 2015:12, 22). 


Wie sich die jeweilige Vertretung bestimmter interessen gestaltet,

hängt stark von den zur Verfügung stehenden Ressourcen und Zugängen ab. Zivilgesellschaftlichen Interessenvertretungen stehen im Gegensatz zu Akteuren aus der Industrie in der Regel nur geringe Mittel zur Ausübung ihrer Interessenvertretung zur Verfügung. Dazu kommt, dass eine Transparenzpflicht in Form eines Lobbyregisters in Deutschland bislang nicht besteht. Bis 2022 können Lobbyierende beispielsweise Treffen mit Abgeordneten vornehmen, ohne dass über ihre Häufigkeit, das zugrundeliegende Interesse und die dafür eingesetzten Mittel Auskunft gegeben werden muss. Eine ausführliche Auswertung des im Jahr 2022 in Kraft tretenden verpflichtenden Lobbyregisters findet ihr hier.
Lobbyierende haben also die Möglichkeit, ohne dass es öffentlich nachvollziehbar wäre, ihre Interessen in sich anbahnenden Gesetzen oder Verordnungen unterzubringen. Dies geschieht mit dem Ziel Probleme auszuräumen, noch bevor diese durch neue Reglementierungen entstehen können.  
Um eine Idee von der Stoßrichtung Tiernutzungsindustrieller Lobbyarbeit zu erhalten, wurden im Folgenden Inhalte aus verschiedenen Webauftritten einer Darstellungskritik unterzogen. Dazu ist ein Interview mit Dr. Philipp von Gall zu lesen. Der Agrarökonom und freie Berater beschreibt die momentan dominante agrarökonomische Perspektive und erläutert, welche politökonomischen Rahmenbedingungen für Veränderungen wichtig sind. 

Die Tiernutzungslobby online

Sechs Fragen an den Agrarökonomen

Dr. Philipp von gall


LITERATUR UND QUELLEN ZUM NACHLESEN

Deckwirth, Christina/Jasbinsek, Dietmar/Müller, Ulrich/Lange, Timo/Bank, Heidi: Lobby Planet Berlin. Der Reiseführer durch den Lobbydschungel. Lobbycontrol. Köln: 2015. 
NPR: "A Lobbyist by Any Other Name?" 2006. Verfügbar unter: https://www.npr.org/templates/story/story.php?storyId=5167187&t=1628769308362. Zugriff am 20.08.2021.
Schwaneck, Stefan: Lobbyismus und Transparenz. Eine vergleichende Studie einer komplexen Beziehung. Wiesbaden: 2019.
Thomas, Clive S.: Research Guide to U.S. and International Interest Groups. Westport: 2004.